Neue Para-Tennis-Disziplin begeistert Deutschland
Neu in Deutschland: Para Standing Tennis bringt Menschen mit körperlicher Behinderung stehend und laufend auf den Court. Mit Kampagnen, Trainingsangeboten und einem großen Trainingscamp im Dezember 2025 setzt „Tennis für Alle“ starke Impulse für mehr Sichtbarkeit und Vernetzung.
„Para Standing Tennis“ heißt die Disziplin, die 2025 ganz neu Einzug in die deutsche Tennislandschaft hielt. Sie richtet sich an Menschen mit einer körperlichen Behinderung, die sich stehend, laufend und rennend über den Platz bewegen – als Ergänzung oder Gegenentwurf zum etablieren Rollstuhltennis. Mit gezielten Informationskampagnen und Trainingsangeboten setzt das „Tennis für Alle“-Projekt Impulse, um die Disziplin bekannter zu machen und ein Netzwerk aufzubauen. Ein großes Trainingscamp fand am 06. und 07. Dezember 2025 in Starnberg statt.
„Auch wenn ich die Sportart sensationell finde, kam für mich nie in Frage, Tennis im Sportrollstuhl zu spielen. Ich laufe ja auch im Alltag mit Prothese. Das Trainingswochenende in Starnberg hat mir wahnsinnig viel Energie gegeben – die perfekte Mischung aus intensivem Training und wahnsinnig viel Spaß in einer tollen Community“, resümiert Olaf Hänsel. Der 1,90 Meter große Marburger verlor sein rechtes Bein und fand dann seinen Weg mit Sportprothese auf den Tennisplatz. Er startet in der Kategorie PST 2 – eine von vier Startklassen im Para Standing Tennis, die sich nach den körperlichen Voraussetzungen und der Mobilität der Teilnehmenden richten.
Insgesamt kamen 18 Teilnehmende zum Trainingswochenende nach Starnberg. Sie hatten unterschiedliche Behinderungen; einige eine Amputation von Beinen unterhalb oder oberhalb des Knies, einige halbseitige Lähmungen, so genannte Hemiparesen, andere neurologische Erkrankungen, die ihre Muskeln und somit das Gangbild beeinflussen oder Personen mit einer Einschränkung an den Armen. Sie alle bewegten sich bisher ausschließlich in der regulären Tenniswelt, sind Mitglieder in Vereinen, spielen teilweise sogar in Mannschaften Liga-Wettkämpfe und Turniere mit.
Neu für alle war der Austausch mit anderen Menschen aus der Welt des Para Standing Tennis. So auch für Ekaterina Strauß aus Schwäbisch-Hall: „Tennis ist mein Leben. Seit ich klein bin, jeden Tag, ob als Spielerin oder als Trainerin. So viele andere Menschen zu treffen, die auch mit körperlichen Einschränkungen diese Leidenschaft teilen, inspiriert mich total. Ich würde sogar sehr gern nächstes Jahr ein PST Turnier spielen“, kündigt die 50-Jährige an. Zur Unterstützung ihrer Beinarbeit trägt sie an beiden Unterschenkeln spezielle Orthesen. Da sowohl ihre Beine als auch Hände von einer Muskel-Degeneration betroffen sind, startet sie in der Klassifizierung PST 3. In PST 4 treten Menschen mit Kleinwuchs an und PST 1 richtet sich an Teilnehmende mit einer Beeinträchtigung ausschließlich an den oberen Extremitäten.
Das Tennis- und Padel-Center Starnberg war insofern der perfekte Austragungsort, da auch drei Aktive aus Österreich die Gelegenheit nutzten, um schnell über die Grenze zu fahren und am Trainingswochenende teilzunehmen. Sie zeigten sich beeindruckt vom ganzheitlichen Engagement des „Tennis für Alle“-Projekts für das Thema Inklusion im deutschen Tennis. Organisiert und sportlich geleitet wurde das Trainingswochenende vom Projektkoordinator der Gold-Kraemer-Stiftung, Niklas Höfken:
„Mit der Einführung von Para Standing Tennis kommen wir einem Kerngedanken von Inklusion einen erheblichen Schritt näher: Selbstbestimmung. Durch dieses Angebot erhalten Menschen mit körperlicher Behinderung nun die Freiheit, sich zu entscheiden, ob sie im Sportrollstuhl oder laufend, behinderungsspezifisch oder inklusiv spielen und trainieren wollen. Da steckt noch ganz viel Potenzial drin!“
Unterstützt wurde er auf dem Platz von Marc-Rene Walter, leitender Trainer des Vereins „Paratennis Deutschland“, ansässig in Bielefeld, sowie Elke Happach, die kürzlich ein lokales Inklusionsprojekt im Tennisclub Puchheim, unweit von München, ins Leben rief.
Das Engagement des Stiftungsprojektes wirkt. Bei einem ersten Schnuppertag im März 2025 kamen 6 Spielerinnen und Spieler zusammen, nun im Dezember waren es schon dreimal so viele. Parallel wird viel Aufklärungsarbeit in der Community von Menschen mit Behinderung aber auch der Tenniswelt, gegenüber Verbänden und Vereinen, betrieben. Unter anderem sorgen dafür professionell von Filmemacher und Fotograf Marcel Ohm angefertigte Erklär-Videos. Ihre Produktion wird durch eine Förderung durch die Aktion Mensch möglich. „Bewegtbild und Social Media sind auch im Sport ungemein wichtig, um Aufmerksamkeit auf ein Thema zu lenken und darüber aufzuklären. Dass sich dadurch Menschen mit Behinderung ermutigt fühlen, den Tennisschläger in die Hand zu nehmen, weil sie in meinen Videos Vorbilder mit ähnlichen Voraussetzungen kennenlernen, fühlt sich großartig an“, freut sich der Kreative aus Essen.
Alle Teilnehmenden und Organisatoren des Starnberger Camps sind sich einig: Im neuen Jahr muss es weitergehen, es braucht mehr und regelmäßigere Trainingsgelegenheiten im ganzen Bundesgebiet und in fernerer Zukunft vielleicht sogar ein Turnier auf deutschem Boden. Anhand der Begeisterung und des Engagements aller Menschen am ersten Dezemberwochenende, kann man sichergehen, dass die neue Disziplin Para Standing Tennis in Deutschland weiterhin wachsen wird.
Kontakt für Interessierte:
Niklas Höfken
Tennis für Alle Projektleiter I Gold-Kraemer-Stiftung
Mail: niklas.hoefken@gold-kraemer-stiftung.de
Mobil: +49 157 85965424