Blinden- und Sehbehindertentennis
Blinden- und Sehbehindertentennis richtet sich an Menschen mit einer Sehbehinderung. Die in Japan entwickelte Disziplin wurde 2016 auch in Deutschland eingeführt. Daher sind die Strukturen zwar noch sehr jung, aber die Anzahl an Spieler:innen und Angeboten wächst stetig.
Blindentennis ist als Disziplin anerkannter Teil des Deutschen Tennis Bundes und somit ein gleichwertiger und hoch spannender Aspekt der deutschen Tennislandschaft. Inhaltlich und organisatorisch eng verknüpft ist alles, was in Deutschland mit Blindentennis zu tun hat, mit dem „Tennis für Alle“-Projekt des DTB und der Gold-Kraemer-Stiftung in Kooperation mit dem Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband.
Blinden- und Sehbehindertentennis funktioniert mit rasselndem Ball und fühlbaren Linien. Ansonsten ist es von den Regeln, Schlägern oder Feldern extrem nah am Tennis der Sehenden.
Wie hat sich Blinden- und Sehbehindertentennis entwickelt?
Schon in den 1980er Jahren unternahm der blinde japanische Student Myoshi Takei erste Versuche mit einer Tennis-Alternative für Blinde.
Tennis als Blindensportart ist im Gegensatz zu vielen anderen Sportarten für Blinde und Sehbehinderte eher außergewöhnlich. Der tennistypische Umgang mit dem Ball und Schläger, sowie vor allem das dreidimensionale Spiel mit einem fliegenden Ball, der zwischendurch nicht gestoppt wird, bietet für Blinde eine große Herausforderung.
Mittlerweile wird Blinden- und Sehbehindertentennis in vielen Ländern gespielt. 2014 wurde die International Blind Tennis Association (IBTA) gegründet. Ihr Ziel ist, Blindentennis weltweit immer mehr zu verbreiten und zu professionalisieren.
Im Mai 2016 wurde auf Initiative des Tennis für Alle - Projekte der Gold-Kraemer-Stiftung der erste Deutsche Blinden- und Sehbehindertentennis-Workshop in Kooperation mit dem Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) in Köln ausgerichtet.
Seit diesem Startschuss wächst die Anzahl der Blinden- und Sehbehindertentennis-Spieler:innen und Angebote in Deutschland stetig, wobei das Dreigespann aus Deutschem Tennis Bund, Gold-Kraemer-Stiftung und Deutschem Blinden- und Sehbehindertenverband eng zusammenarbeiten.
Regeln
linden- und Sehbehindertentennis vs. Tennis
Blinden- und Sehbehindertentennis ist sehr ähnlich wie das Tennis der Sehenden. Die Schläge sind im Grunde genau gleich, die Zählweise auch. Der gravierende Unterschied - man spielt nach Gehör und Sensorik, nicht nach Sicht.
Rasselnder Ball zur Orientierung
Durch einen rasselnden Ball können Sehbehinderte die Position des Balles bestimmen und sich somit orientieren. Der Ball besteht aus Schaumstoff und hat im inneren eine Plastikkugel, in der durch Metallstäbe das Rasseln erzeugt wird.
Fühlbare Linien zur Begrenzung
Der zweite wichtige Aspekt sind die Linien. Diese werden für die Spieler:innen abgeklebt und damit fühlbar gemacht. Dadurch ist es Sehebhinderten möglich, sich im Feld zu orientieren und die Begrenzungen zu erkennen.
Dialog vor Aufschlag
Jedem Aufschlag muss ein Dialog vorangehen. Der:die Aufschlägerin fragt „Ready?“, der:die Rückschläger:in antwortet mit „Yes“, der Aufschläger sagt „Play“ und darf erst dann den Ball ins Spiel bringen.
Körpertreffer
Wird ein:e Spieler:in von einem fliegenden Ball ohne vorherigen Bodenkontakt getroffen, während er im Feld steht, gilt das wie auch im regulären Tennis als Fehler. Wird er:sie aber von so einem Ball getroffen und steht außerhalb des Feldes, also im Aus, gewinnt er:sie den Punkt.
Unterschiede nach Sehvermögen
Je nach Sehrest gibt es unterschiedliche Klassifizierungen. Danach definiert sich die Platzgröße, die Anzahl wie oft der Ball aufspringen darf und auch ob eine Augenbinde getragen werden muss.
Welches Material wird benötigt?
Grundsätzlich wird zur Ausübung des Blindentennis nicht viel Equipment benötigt. Es gibt eine Grundausstattung sowie einfaches Hilfsmaterial, welches zur Unterstützung der Orientierung auf dem Tennisplatz dient.
Tennisschläger
Je nach Kategorie und Sehrest werden kurze Kinder-Tennisschläger verwendet.
Schlägergröße:
B1: 23 Inch (58 cm)
B2-B3:25 Inch (63 cm)
B4: 27 Inch (68 cm)
Kürzere, leichte Tennisschläger ermöglichen weniger Abstand von der Hand zum Balltreffpunkt und einen kontrollierten Durchschwung im kleineren Feld.
Erhältlich im Sportfachhandel.
Blinden-Tennisbälle
Der Blinden Tennisball besteht aus einem weichen Schaumstoff und ist ca.10 cm groß. In der Mitte befindet sich ein Kunststoffkern mit rasselnden Metallstäben. Die ungefährlichen Bälle bieten durch die Rasselgeräusche eine akustische Orientierung der Flugkurve und gute Treffmöglichkeit. Je nach Helligkeit/Kontrast von Platz und Rückwand wählt man zwischen gelben und schwarzen Bällen.
Blindentennis Ballbestellung:
Über den DTB können Vereine, Trainer:innen und Spieler:innen gelbe und schwarze Blinden Tennisbälle bestellen. Einzelbestellungen für 9,00 Euro pro Ball zzgl. Versandgebühren sind möglich (kein Verkauf ins Ausland und an Gewerbetreibende).
Bestellung über das Bestellformular.
Kontakt: Emma Stauber
Kleinfeldnetz
Das Kleinfeldnetz ist 6,1 m lang und 0,83 m hoch. Es besteht aus faltbaren Aluträgern und einem wetterbeständigen Netz.
Das Netz kommt im Match im Kleinfeld (für B1) und generell für die Organisation mehrerer Gruppen auf einem Platz im Tennistraining zum Einsatz.
Erhältlich im Sportfachhandel.
Spürbare Linien
Die Grundlinie ist die wichtigste Orientierungslinie und besteht bestenfalls deutlich spürbar aus einer Schnur, die mit einem farbigen Gaffa- oder Panzertape überklebt ist. Die übrigen Linien bestehen aus einem (andersfarbigen) Klettband (auf Teppich). Beim Training auf Sand können Mittel zur Orientierung (z.B. aus alten Teppichstücken geschnitten) in den Platz genagelt werden. Die Linien helfen bei der Positionierung und Orientierung der Spieler:innen.
Tampen oder Wäscheleine als Schnur, Klett- und Panzertape sind als Meter- oder Rollenware (25m) im Baumarkt oder online erhältlich.
Gymnastikmatten
Dünne, weiche Gymnastikmatten dienen als spürbare Wartezonen zur Organisation von Gruppentrainings. Sie werden mit Tape auf dem Platz fixiert, damit sie nicht wegrutschen.
Erhältlich im Sportfachhandel.
Schaubild in Brailleschrift
Das Blatt zeigt eine Raumaufteilung der beiden T-Felder auf beiden Spielfeldseiten. Ein T-Feld ist in 3x3 = 9 gleichgroße Felder aufgeteilt. Die Felder sind vom Netz aus gesehen von der Innen- zur Außenlinie aufsteigend von 1 bis 9 (1-2-3,4-5-6,7-8-9) nummeriert. Für eine Ansage der Trainer:innen, in welches Feld der Ball zugespielt wird und als Feedback, wo der selbst geschlagene Ball der Spieler:innen landet, hilft bei der Orientierung und Imagination des Feldes.
(Paralympische) Blinden-Sport-Maske:
Die Blinden-Sport-Maske oder Dunkelmaske (keine Stoff- oder Schlafmaske) besteht aus einem weichen, atmungsaktiven Material. Sie hat eine perfekte Passform, sitzt sicher und gewährleistet 100% Sichtschutz. Die Maske bietet einen gewissen Schutz ggf. empfindlicher Augen bei Zusammenstößen oder Balltreffern und ermöglicht eine faire Spielbedingung. Eingesetzt wird sie bei Workshops zum Transfer und ist für B1 bei Turnierspielen Pflicht.
Im Sport-Fachhandel erhältlich.
Welche Klassifizierungen gibt es?
Im Blinden- und Sehbehindertentennis wird nach der Sehfähigkeit der Sportler:innen klassifiziert. Von Augenärzt:innen wird mit dem LogMAR-Wert die Klasse der Spieler:innen ermittelt. Es wird in folgende Klassen eingeteilt:
- B1: < 2.6 (diese Spieler gelten als so genannt Vollblind. Im Wettkampf müssen sie eine Dunkelmaske tragen)
- B2: 1.5 - 2.6 (wenig Sehrest)
- B3: 1.4 - 1.0 (etwas mehr Sehrest)
- B4: 0.5 bis 0.9 (mehr Sehrest)
Je nach Spielklasse gelten auch andere Feld- und Schlägervorgaben. Zudem wird bestimmt, wie oft der Ball vor dem Schlag aufspringen darf. Im folgenden eine Übersicht:
B1 | B2 | B3 | B4 | |
Sehfähigkeit nach LogMar | < 2.6 Dunkelmaske tragen | 1.5 - 2.6 (inklusive) | 1.4 - 1.0 (inklusive) | 0.5 - 0.9 (inklusive) |
Feld |
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Schläger | max. 23‘‘ | max. 25‘‘ | max. 25‘‘ | max. 27‘‘ |
Ball Aufspringen | max. 3x | max. 3x | max. 2x | max. 1x |
Training
Generell sollte es für Menschen mit Seheinschränkung in jedem Verein mit Trainer:innen möglich sein, Tennis zu lernen und zu spielen. In einem Coaching Manual der britischen ‚Tennis Foundation‘, im Blindentennis-Informationspaket der Gold-Kraemer-Stiftung oder in der DTB-Broschüre "Inklusion im Tennis" finden Sie mehr Infos und Inspiration für Training und Verein.
Links
Aktuelle nationale Veranstaltungen im Blindentennis wie Turniere, Workshops und Lehrgänge sind im Terminkalender Para-Tennis des DTB aufgelistet.
Blindentennis: Inklusives Tennistraining mit Videotutorials
Auf dem YouTube-Kanal des Deutschen Tennis Bundes (DTB) gibt es eine Reihe von Trainingsvideos rund um das Thema Blindentennis. Die kostenfrei verfügbaren Tutorials sollen Trainer:innen dazu befähigen, die Grundlagen der Sportart im Training mit sehbehinderten Menschen zu vermitteln.
In den neuen Videolektionen stellen Bastian Kaller, Matthias Schmid, Charlotte Schwagmeier und Monika Durst, vier Blindentennis Spieler:innen mit unterschiedlichen Sehbeeinträchtigungen, gemeinsam mit Niklas Höfken, DTB-Referent für Inklusion und Parasport, das Thema Blindentennis vor. In 13 Einheiten, die sowohl einzeln wie auch aufeinander aufbauend genutzt werden können, erhalten Interessenten Grundlageninformationen zum Material und dem Regelwerk, Tipps zur Organisation eines Gruppentrainings sowie weitere Trainingsimpulse mit unterschiedlichen Übungen zur Koordination und zum Techniktraining.
Die Lernvideos im Überblick:
Grundlagen:
1.1 Intro
1.2 Grundlagen: Zielgruppe & Regelwerk
1.3 Grundlagen: Material
1.4 Grundlagen: Gruppentraining
1.5 Grundlagen: Methode Trainingstipps
1.6 Grundlagen: Unterschiede von B1 zu B2 - B4
Koordination:
2.1 Koordination: Orientierung
2.2 Koordination: Gleichgewicht
2.3 Koordination: Rhythmisierung
2.4 Koordination: Differenzierung & Orientierung
Techniktraining:
3.1 Techniktraining: Aufschlag
3.2 Techniktraining: Vom rollenden zum springenden Ball
3.3 Techniktraining: Ballwechsel simulieren
Alle Videoclips sind kostenfrei auf dem Youtube-Kanal des Deutschen Tennis Bundes in der Playlist „Blindentennis-Tutorials“ abrufbar.